Mandy Fröhlich (38): ein neues Leben.
Der Wiedereinstieg ins Berufsleben nach einer schweren Krankheit ist nicht immer leicht. Mit wir.Neustarter haben Sie ein starkes Team an Ihrer Seite. Wir schaffen es gemeinsam.
Ein neues Leben.
Auf einmal ist fast nichts mehr von ihr da. Ein ganzes Wochenende im April 2017 hat Mandy Fröhlich da schon nicht mehr geschlafen, die Nächte unruhig auf dem Balkon verbracht, zunehmend verwirrt. Die alarmierten Eltern rufen den Rettungsdienst. Auf dem Weg in die Klinik will sie den Krankenwagenfahrer heiraten. Was sie sagt, hat keinen Verstand mehr.
Mandy Fröhlich kann sich an nichts davon erinnern. Erzählt wird ihr später, dass die Ärzte auf Drogenkonsum tippen – ein Holzweg. Die richtige Diagnose stellt ein zufällig anwesender griechischer Arzt. Er hat die Autobiografie „Feuer im Kopf“ der amerikanischen Journalistin Susannah Cahalan gelesen und erkennt das dort beschriebene Krankheitsbild wieder. Mandy Fröhlich leidet an einer autoimmunen Enzephalitis – eine Fehlreaktion des Immunsystems, das Nervenzellen im Gehirn angreift und dort eine Entzündung hervorruft. Symptome sind unter anderem Bewusstseinstrübung, Psychosen, Bewegungsstörungen und epileptische Anfälle. Die Krankheit ist extrem selten – und extrem gefährlich.
„Mein beruflicher Neuanfang ist für mich ein weiterer wichtiger Schritt zurück ins Leben. Es ist nicht mein altes Leben, es ist ein neues. Ich freue mich darauf.“
Die Ärzte geben Mandy Fröhlich eine Überlebenschance von 20 %. Die Familie löst ihre Wohnung in Bochum auf, wo sie als Unternehmensberaterin arbeitet, und lässt sie in eine Klinik in der Heimat verlegen. Dort kann man abermals wenig mit dem wesensverändernden Krankheitsbild anfangen. Vor der Einweisung in die Psychiatrie retten sie ihre Eltern. „Ich hatte eine Patientenverfügung, das rate ich jedem. Meine Angehörigen konnten so in meinem Sinne handeln. Das war Gold wert. Anderenfalls wäre ich heute nicht mehr hier.“ Denn ihre Symptome verschlechtern sich erneut.
Aber Mandy Fröhlich stirbt nicht – sie kämpft sich zurück ins Leben. „Im Oktober 2017 kamen erste Erinnerungen, ich habe Freunde und Eltern erkannt und ein bisschen Geburtstag gefeiert, belastbar war ich noch nicht. Ich musste alles neu lernen: auf die Toilette gehen, essen, laufen.“ Ihr Hund wird ihr Motivator. Gemeinsam machen sie die ersten Schritte – zunächst nur ein paar Meter vor der Haustür, dann die ganze Straße hinunter.
Aber wo geht es hin? Klar ist: Eine 60-Stunden-Woche mit Stress und Verantwortung wie im alten Job, das kann und will sie sich nicht mehr zumuten. Über ihre Rentenstelle wird die heute 38-Jährige auf das BFW Sachsen-Anhalt aufmerksam. Dort besucht sie zunächst das Neurologische Trainingszentrum (NTZ) und einen Rehavorbereitungslehrgang. Seit Juli 2021 durchläuft sie eine Qualifizierung zur Kauffrau für Büromanagement. „Ich war sofort begeistert vom BFW. Die Angebote dort bilden einen geschützten Rahmen, in dem ich in meinem Tempo ins Berufsleben zurückfinden kann.“ Eine Rehaintegrationsmanagerin begleitet sie dabei. „Sie zeigt mir meine Grenzen auf und stellt mich vor unmögliche Aufgaben, einfach nur, damit ich lerne, Nein zu sagen.“
Mandy Fröhlich weiß jetzt: Manches muss einfach nicht sein. Heute geht es ihr um mehr als Karriere.
Vielleicht bildet sie sich zur Fachpädagogin weiter, vielleicht kreuzt eine andere Idee ihren Weg. In Zukunft will sie etwas Sinnstiftendes machen, etwas Soziales. „Mein beruflicher Neuanfang ist für mich ein weiterer wichtiger Schritt zurück ins Leben. Es ist nicht mein altes Leben, es ist ein neues. Ich freue mich darauf.“